Skull & Roses heißt das französische Jeu de l’Année (Spiel des Jahres), justement in Cannes gekrönt mit dem goldenen As, dem As d’Or. Eine Sechserrunde in Dänemark ist eine gute Gelegenheit, die höchsten Weihen des französischen Spielkunsthandwerks zu würdigen – oder auch nicht.

Denn Skull & Roses ist ein Bluffspiel, bei der Entwicklung folgte Autor Hervé Maly der reinen Lehre: legen – zocken. Sonst nichts. Und das ist nun mal nicht jedermanns Sache. In der Regel heißt es übrigens ziemlich verwegen: „Hier ist es nun, das heftige Bluff-Spiel, das Nerven aus Stahl, Mut und eine scharfsinnige Strategie erfordert.“ Ist natürlich gelogen. Es sei denn, man spielt mit echten Hells Angels oder Bandidos, die auch noch schlechte Verlierer sind.

Jeder Spieler hat vier Bierdeckel auf der Hand, drei zeigen Rosen, einer einen Totenkopf. Reihum legt jeder eine seiner Scheiben ab. In der ersten Runde muss das jeder tun, in der zweiten hat er die Wahl: Legen oder Bieten. Und zwar sagt er, wie viele Rosen er aufdecken wird. Hat einer angefangen zu bieten, müssen alle anderen nachziehen. Entweder sie sind Vier-Minuten-Eier-Esser und Florian-Silbereisen-Aficionados (kurz: sie steigen aus) – oder sie überbieten. Der Wagemutigste muss aufdecken. Erst seinen Stapel komplett, dann sucht er sich einen der anderen aus. Bei seinen hinterhältigen Gegnern muss er allerdings nicht alle Karten umdrehen. Verliert er, wird ihm einer seiner wirklich hübsch bepinselten Bierdeckel abgenommen. Wer keinen mehr hat, darf Getränke für die anderen holen gehen. Wer zwei Mal genügend Rosen aufdeckt, gewinnt.

Das Ganze kann rocken. Allerdings sollte die Runde mindestens fünf Biertrinker groß sein. Darunter ist‘s ein wenig fad, wie ein Dänemark-Vorabtest in einer Dreierrunde zeigte. Aber die Runde sollte nicht nur groß genug, sie sollte auch willig sein: Alle Teilnehmer sollten Spaß daran haben zu zocken, Blödsinn zu reden, die anderen zu foppen. Und Schadenfreude sollte ein zentrales Element ihrer spielerischen Weltanschauung sein. Dann ist Skull & Roses: dufte. Wenn aber die Hälfte der Besatzung hofft, möglichst schnell alle Scheiben abzugeben, und lieber den anderen die Gläser wieder auffüllt, als weiter spielen zu müssen, dann lahmt das Spiel erheblich. Aber noch mal: In der richtigen Runde ist es gut – und in einer Kneipe mit mindestens sechs verschiedenen güld-hopfigen Spezialitäten auf dem Hahn (und den entsprechenden Bierdeckelgarnituren) sogar fix selbst gebastelt.

Dass sich das Spiel in Frankreich bei der Preisvergabe gegen Konkurrenten wie 7 Wonders oder Troyes durchsetzte, verwundert schon ein wenig. Andererseits macht der Franzos nichts anderes, als es die deutsche Spiel-des-Jahres-Jury auch schon seit einigen Jahren zelebriert: Sie überrascht, wie allein die drei Preise davor zeigen. 2008 gewann Suleika, das vor allem außerordentliches Spielmaterial bietet. 2009 siegte Dixit. Und im vergangenen Jahr Identik – Mainstreamentscheidungen aus der Szene für die Szene sind das alles nicht. Aber wie urteilte schon der Euro-Anthropologe und große Menschenfreund Diemtar Wischmeyer über den gallischen Geschmack: „Dem Lurchi schneidet er die Stelzen ab, die Schnecke lutscht er aus dem Eigenheim und den Käse frisst er erst, wenn er nach der eigenen toten Oma riecht.“ Was soll man da schon erwarten …