Vor einem Jahr schon von Pöppelhelden getestet und für exzellent befunden: die große Lancaster-Erweiterung Heinrich V.

Donnerstag ist Goodie-Tag, Bummeltag, Rumguck- und Treiben-lassen-Tag. Erstmal akklimatisieren in den Messehallen, blicken, was an den einzelnen Ständen so geboten wird, sich bloß keinen Stress damit machen, unbedingt ganz viel spielen zu müssen. Also: Erstmal ein bisschen Einkaufen. Zum Beispiel die Lancaster-Erweiterung Heinrich V. Am Mittwoch hatte Lancaster-Erfinder Matthias Cramer noch bei den Geeks geschrieben, dass sie erhältlich sein wird. Endlich. Schon im Vorjahr hatten André, Maren, Simone und Andreas die neuen Elemente probegespielt, mit Mathias und Queen-Games-Redakteur Wolfgang Panning – es war schlicht und einfach großartig. Nicht nur, weil es lustig und lässig war, mit den beiden zu spielen und zu plaudern. Auch spielerisch kann diese Erweiterung überzeugen, sie hebt das ohnehin grandiose Lancaster tatsächlich auf eine neue Stufe.

Nach ein paar weiteren Must-haves-in-die-ökologisch-korrekten-Leinentüten-Stopfen – mit einem kleinen Besuch bei Feuerland, den Freunden von Lookout, Vorbestellung bei Richard Breese abholen – dann doch: ein Spielchen. Die Paläste von Carrara, der neue Wolfgang Kramer featuring Michael Kiesling. Sechs Jahre haben die beiden an dem Spiel geschraubt, Hans im Glück hat es gewohnt opulent ausgestattet – und die Palazzo-Nachbauten haben den Namen Sichtschirm ernsthaft verdient, wahrscheinlich wird man in der Rückschau irgendwann sagen, dass Carrara das Spiel war, in dem der Sichtschutzbunker das erste Mal auftauchte.

In italienischen Carrara wird nicht nur Marmor abgebaut, sondern auch gleich wieder verbaut. Im neuen Spiel von Kramer featuring Kiesling geht es aber vor allem um das richtige Timing, beim Kaufen, beim Werten, beim Gewinnen. Erster Eindruck: empfehlenswert.

Kramer/Kiesling sind als Autoren so solide wie Mercedes Benz. Vielleicht fehlt Carrara die ganz große Innovation, aber die Zusammensetzung der einzelnen Spielelemente ist höchstes German-Game-Niveau. Das Rondell, auf dem die Baustoffe langsam günstiger werden, oder der Zwang, ein gutes Wertungs-Timing zu entwickeln, machen einfach Spaß. Das ist ungemein tricky und eine sehr hübsche Optimierungsaufgabe, die zudem noch durch die dem Spiel bereits beigelegten Erweiterungsmodule ausgebaut werden kann. Der Ersteindruck: empfehlenswert.

„Ja mein Sohn, wir waren damals in Essen Zwanzigzwölf dabei, als Hans im Glück den Sichtschutzbunker in Palazzo-Optik erfunden hat“, werden Spiele-Altväter der kommenden Generation erzählen. Während die gernervt vom Gelaber des Alten mit ihrem Hot-Wheels-Auto in der Hand Crossrennen auf dem iPad spielen.

Danach: ein bisschen Shopping. Und ein Plausch mit Wolfgang Panning, der bei Queen Games zuletzt einige spannende Neuheiten betreut hat, Edo zum Beispiel oder natürlich Fresko. Eigentlich wollte Queen ja die neue große Erweiterung für das Deckenmaler-Spiel in Essen auf den Markt bringen, was leider nicht geklappt hat. Aber Wolfgang verriet schon mal ein paar Kleinigkeiten, zum Beispiel wird in Zukunft auch an einem Wandfresko gemalt. Und die Arbeiter können sich eine Erkältung einfangen und statt gelber Farbe reichen sie dann einen gelben Schein ein. Und das war noch nicht alles. Erster Eindruck: haben wollen.

Und wieder das begehrte Vielspielerprädikat: niedlich! Dieses Mal für Sheepdogs auf Pendleton Hill. Die riesigen Holzfiguren erinnern zwar an ein Kinderspiel, aber das stimmt nicht. Zwar ist der Schafauftrieb regeltechnisch kinderleicht, aber durchaus geistreich zu spielen. Määääh!

Zeit für ein Schäferstündchen. Wir sind die Sheepdogs of Pendleton Hill und müssen die Schafe in die fetten Wiesen zu unseren Schäfern treiben. Max Michael hat sich da ein sehr einfaches Spiel einfallen lassen, das mit den riesigen Holzfiguren wie ein Kinderspiel aussieht. Zwar ist Sheepdog kinderleicht, aber es ist eines dieser Leichtgewichte, bei denen man mit ein bisschen Übung und einem cleveren Grundverständnis für den Schafauftrieb jeden Neuling locker auszählt. Erster Eindruck: kein Selbstkauf, aber jederzeit gern eine weitere Partie.

La Loire stand sicherlich bei vielen Spielern im Interesse ganz oben, denn Emanuele Ornella hat schon lange nichts Neues mehr geliefert. Leider hat der Autor uns eine wesentliche Regel vergessen zu erklären, sodass unser Probeanspielen, bis wir höflich gebeten wurden, den Tisch für weitere Wartende freizugeben, zum reinen Flop wurde. Hat das Spiel sicherlich nicht verdient, aber in dieser Neuheitenflut wird es wahrscheinlich kaum eine Chance zur Rehabilitation bekommen.

Welch ein Spaß, wie wir den Stamm mit den Beil’n zerteil’n. Toc Toc Woodman ist Trash, aber geiler Trash.

Wenn ein Spiel mit einer solchen Trash-Optik aufwarten kann wie Toc Toc Woodman, ist es egal, ob dieses wunderbare Plastikspielzeug neu ist oder nicht, dann ist man auf einmal wieder fünf, freut sich auf den MB-Gong im Werbeblock vor der Pyramide mit Dieter Thomas Heck und will Holzhacken. Wobei dieser Baum bereits vorbearbeitet wurden, in mettwurstdicken Scheiben stapelt sich der Stamm in die Höhe. Und wir haben es eigentlich auch nur auf die Rinde abgesehen, die wir mit unserer kleinen Plastikstreitaxt von der Polyethylen-Pinie dengeln wollen. Da ist Geschicklichkeit gefragt, denn jede Stammscheibe, die fällt, bringt fünf Minuspunkte, ein Rindenstück aber nur einen Punkt. Toc Toc Woodman ist ein Spiel irgendwo zwischen Kindergeburtstag und Schlag den Raab, herrlicher Müll – und wahrscheinlich bestens geeignet, um sich drumherum 1a-Trinkspiele auszudenken.

Gruselige Plastikoptik ohne Trash-Faktor ist dagegen doof. Auch wenn sich die Bloqs-Hersteller viel Mühe gegeben haben und die Baubloqs per Hand in Nachtschichten mit Quench-Pulver eingefärbt haben.

Und wo wir schon mal bei Plastikspielzeug mit Fünfjährigem-Appeal waren, Bloqs kann da locker mithalten. Die aus Tetris abmodulierten Quadergebilde in Farben, die man wahrscheinlich ausschließlich mit „Quench“-Pulver mischen kann, sind: gewöhnungsbedürftig. Und sonst: Wir wollen einen möglichst perfekten Quader bauen, ein Konstrukt aus drei mal drei mal drei Quench-Blöcken. Dafür ziehen wir über einen Rundkurs, die Felder bringen uns entweder Blockgebilde oder andere Vorteile. Angetrieben werden die wie alte Teetisch-Lampen aus den 70er-Jahren aussehenden Spielsteine mit Würfeln oder mit Zusatzkarten. Erster Eindruck: spielt sich so, wie es aussieht, irgendwie ist alles Plastik.

Zum Schluss: Noch ein Bierchen mit den Pöppelhelden und die Regel von Il Vecchio gelesen, bis die Hallen schlossen. Noch schöner wäre es gewesen, wenn uns das Spiel am Pegasus-Stand auch erklärt worden wäre. Wir probieren es morgen einfach noch mal …