Hobbit-SchmidtBremen, Anfang Oktober. Diese Kneipe würden einem kleinen Hobbit und einer Horde Zwerge gefallen. Auf drei Ebenen stehen lange Tische mit Bänken, frisch gebrautes helles Bier strömt in die Gläser und anschließend wie goldenes Manna in die Kehlen. Es ist laut und es herrscht eine gesellige Zechstimmung. Andreas Schmidt, seine Frau Sabine und ihr Kumpel Tobias sitzen bereits am Tisch, die erste Ladung Biere steht vor ihnen. Sie würfeln und haben Spaß. Herr Schmidt, wie ihn seine Frau gern nennt, hat Prototypen ausgepackt, zwei Würfelspiele.

„Mit den beiden und zwei weiteren werde ich während der Messe von einem Verlag zum nächsten gehen“, erzählt er. Im Halbstundentakt sind seine Termine gelegt, Essen als Business, weniger als Spielerparadies. Aber so ist der Alltag, wenn man ganz am Anfang steht, wenn man erst wenige Spiele veröffentlicht hat. Dann muss man Klinken putzen. Zurzeit ist Herr Schmidt auf dem Würfeltrip, er hat Lust auf kleine, schnelle Spiele. Und er ist sich sicher, dass es die Verlage auch danach dürstet. Bei Zoch hatte er im vergangenen Jahr bereits sein Jackal & High untergebracht, bei Kosmos erschien der erste Teil von Der Hobbit. Und 2013 ist irgendwie rein veröffentlichungstechnisch das Paralleljahr von 2012 für ihn. Ein Würfelspiel bei Zoch, ein Hobbit-Spiel bei Kosmos. Passt doch.

Bild 005DER HOBBIT. SMAUGS EINÖDE
Jetzt taucht er endlich auf: Smaug. Der böse, große, anscheinend chronisch mies gelaunte Drache. Es ist der finale Kampf für Bilbo Beutlin und die Zwerge. Wenn in diesem Herbst Peter Jackson sein Leinwand-Epos fortsetzt, legt auch Kosmos nach. Eigentlich sollte es zum Hobbit ja nur ein Spiel geben, ein großes Brett, Smaug war in Teil eins schon enthalten. Doch dann machte Jackson aus zwei Filmen drei – und die Stuttgarter aus einem kooperativen Brettspiel eben zwei.

„Die gravierende Änderung ist natürlich, dass Smaug jetzt als Spielstein im Spiel ist. Er kommt einem entgegen. Er greift immer wieder an. Man kann ihn töten“, erzählt Schmidt und nippt an seinem Schüttinger. Ansonsten sind die Grundregeln nah an denen aus Teil eins. Kartengetrieben versucht die Gruppe, ihre Aufgabe zu lösen. „80 Prozent sind mechanisch ähnlich“, erklärt der kreative Kopf mit den kurz geschorenen Haaren und dem kurzgeschorenen Bart. Natürlich gibt es neue Monster, wie die Spinnen in Düsterwald, die die Gruppe attackieren. Wer erwischt wird, kann sich nur vom Ringträger befreien lassen.

„Ich habe in den zweiten Teil noch einmal sehr viele Stunden Arbeit investiert. Ich dachte, es wird leichter“, erzählt Schmidt. Aber es war, ganz im Gegenteil, ziemlich tüftelig, die Balance ins Spiel zu bringen. Das ist ja immer die Schwierigkeit bei Kooperativen: Ist das Spiel zu stark, verlieren die Spieler nicht nur die Partie, sondern irgendwann auch die Lust. Ist das Spiel zu schwach und wird sofort in Runde eins gewonnen, langweilt es.

Der Hobbit. Eine unerwartete Reise und Der Hobbit. Smaugs Einöde können auch zu einem Spiel vereint werden. „Das Szenario nennt sich ,Das große Abenteuer‘“, erzählt Schmidt. Die Regeln dazu wird es als Download geben. Die Spieler können dann die Figuren, die sie in Teil eins durchgebracht haben, auf dem zweiten Plan weiterspielen. „Jeder darf zudem eine Handkarte mitnehmen, alle anderen Karten spielen aber nicht mehr mit.“ Zudem sind die Strafen bei verlorenen Kämpfen etwas abgemildert worden. Jetzt würfelt der Spieler, zieht das Ergebnis von zehn ab und geht entsprechend viele Felder zurück. Aber sonst ist alles beim Alten in Mittelerde. Wer Teil eins kennt, kann also problemlos ins zweite Abenteuer starten.

Der Hobbit. Smaugs Einöde von Andreas Schmidt, Kosmos 2013, für 2 bis 4 Zwerge ab 10 Jahren, Grafik: Pohl & Rick, Bernd Wagenfeld, Preis: rund 20 Euro

PolterfassPOLTERFASS
„Bei Zoch waren sie gleich angefixt“, sagt Andreas Schmidt. Er hatte seinen Jackal&High-Verlag in Nürnberg besucht und dort einen Prototyp vorgeführt. Ein Würfelspiel. Gut: Es war ein ziemlich ungewöhnliches Würelspiel. Eins, das selbst die Zoch-Crew so noch nie gesehen hatte. Denn Schmidt hatte die Würfel ersetzt: durch Fässer. Und das ist es ja, was Verlage wollen, diese eine, diese ungewöhnliche, diese unverbrauchte Idee. Zoch war sofort von dem heiteren Fässerwürfeln entzückt. Auch wenn sich später in der Produktion zeigte, dass es gar nicht so einfach war, die Fässer zu prägen. Aber egal, wenn ein Verlag weiß, wie man ungewöhnliches und ungewöhnlich gutes Material herstellt, dann ja wohl Zoch.

Gut sechs Jahre ist es jetzt her, dass Schmidt die Idee mit dem Fässerwürfeln kam. „Es war zuerst ein Schiffsspiel. Als Belohnung gab es Fässer, mit denen die Spieler dann jonglieren mussten.“ Aber weil es für einen Autor-Neuling einfacher ist, nicht zu überladene Spiele an den Verlag zu bringen, speckte er das Spiel mehr und mehr ab. „Am Ende war es nur noch ein Yahtzee mit Fässern“, erinnert er sich. Aber das war vielleicht des Downgesizeten zu viel. „Jetzt haben wir das Spiel wieder größer gemacht.“

Die Spieler sind nun Wirte und wollen die Becher ihrer Gäste füllen. Was schon mal ein schönes Thema ist, denn volle Gläser sind immer toll. Fässer, die nach dem Würfeln stehen bleiben, sind sozusagen die, die an die Gäste ausgeschenkt werden. Die, die umgefallen sind, können noch mal gewürfelt (oder muss es heißen: gefasselt?) werden. Aber das entscheidet der Wirt. Den Mitspielern geht es derweil in erster Linie darum, dass sie ihre Bestellung bekommen. Ärgerlich ist nur, wenn sie zu groß war, denn dann werden ihre Gläser gar nicht gefüllt. Alles, was die Mitspieler nicht zechen, geht an den Wirt. Spielmechanisch bedeutet das, dass der Wirt x Liter Bier zapfen muss, die anderen wetten sozusagen gegen ihn.

„Eine gute Menschenkenntnis ist nötig, denn es hilft, wenn man die anderen gut einschätzen kann“, erzählt Schmidt. Ein wenig Glück schadet aber auch nicht. Denn die Fässer bleiben natürlich nicht alle stehen, einige Rollen auch weg. „Die muss man dann schnell greifen. Der dritte Proto, den ich nach der Yahtzee-Version hatte, hieß auch Fässer fassen.“ Die Idee hinter Polterfass klingt so ungewöhnlich, dass es geradezu nach einer Proberunde schreit. Es klingt sogar ein wenig nach Suchtpotenzial – und nach einer tollen Grundlage für ein Trinkspiel.

Polterfass von Andreas Schmidt, Zoch 2013, für 3 bis 6 Bierzapfer und -trinker ab 8 Jahren, Grafik: o. A., Preis: rund 16 Euro

Ein Making of mit den neuen Spielen von Lookout lest ihr hier.
Das Making of mit Friedemann Friese an dieser Stelle.
Und das Making of mit Michael Kiesling gibt es hier.