CoverHundsmühlen, im Spörkel. Neues von Dirk Henn? Muss gespielt werden. Das neue Album der Ärzte? Muss auch gehört werden. Die wiederauferstandene deutsche Penthouse-Ausgabe? Muss gelesen werden. Zum Henn-Fan wurde ich übrigens während meines spielerischen Pleistozäns. Was zuerst gar nicht so sehr an ihm lag, vielmehr an der Preispolitik von Queen Games. Ständig gab es bei Kaufhof günstigen Nachschub: Metro, Die Gärten der Alhambra, Atlantic Star. Dirk Henn – der Name steht auch für Episches wie Wallenstein. Und seit Essen für Neptun. Nur die Preispolitik von Queen Games, die hat sich leider sehr verändert.

Autor Dirk Henn - besucht den gleichen Coiffeur wie der titelgebende Gott seines neuesten Spiels.

Autor Dirk Henn – besucht den gleichen Coiffeur wie der titelgebende Gott seines neuesten Spiels.

Die Geschichte ist schnell erzählt. Als römische Kaufleute beschippern wir das Mittelmeer und beliefern die Häfen von Malaca bis Antiochia. So werden wir reich. Oder wir spenden die Waren der heiligen römischen Regionalkirche. Darob seien wir gesegnet – und der Gesegnetste von allen gewinnt.

Guter Zielort? Gute Ware?  Guter Windwert? Eins, zwei oder drei - du musst dich entscheiden ...

Guter Zielort? Gute Ware? Guter Windwert? Eins, zwei oder drei – du musst dich entscheiden …

Vieles an Neptun klingt vielversprechend, nach Abwechslung. Schon in Phase eins, in der wir Aufträge aussuchen. Ein stets anderer Mix aus Stadt, die beliefert werden will, aus Ware, die geliefert werden soll, und Ruderkarte, der wir ausgeliefert sind, liegt vor uns. Wer an der Reihe ist, deckt das erste Trio auf. Wählt er die Karten-Kombi, ist der nächste dran. Lässt er das Trio liegen, deckt er das nächste auf darf dann den zuvor entblößten Auftrags-Akkord nicht mehr wählen. Sein luck kann jeder maximal pushen, bis alle Trios offen liegen. Die Frage ist: Will ich einen geld- oder segensreichen Auftrag nehmen – oder einen für die Stadt, die auf meiner Segelroute günstig liegt?

Die Navigationssysteme der Antike hatten alle nur Männerstimmen in der Sprachauswahl. Arme Antike.

Die Navigationssysteme der Antike hatten alle nur Männerstimmen in der Sprachauswahl. Arme Antike.

Stadt und Ware platziert nun jeder an seinem Auftragsstreifen. Dabei gilt: Was liegt, liegt. Quod lumen lumen, wie die Altlateiner scherzen. An dieser so frühzeitig festgelegten Lieferroute muss festgehalten werden. Stellt sich im Laufe der Auftragsakquise heraus, dass meine Planung Grütze war, ja, dann kann ich nur hoffen, dass mir Neptun kräftig in die Segel pustet und hustet.

Nur er kann helfen, wenn die Routenplanung Mist war. Aber meistens hilft er gar nicht, sondern lacht nur, wobei sein Bart aber lustig wackelt.

Nur er kann helfen, wenn die Routenplanung Mist war. Aber meistens hilft er gar nicht, sondern lacht nur, wobei sein Bart aber lustig wackelt.

Der Wetterbericht sagt uns nun die Grundwindstärke an, dazu spielt jeder verdeckt eine Ruderkarte. Wind und Muskelkraft bilden auf Basis eines komplizierten physikalischen Gesetzes die Meeresstrecke, die zurückzulegen meine Corbita in der Lage ist. In dieser Phase gilt es, möglichst in fünf Zügen auch fünf Aufträge abzuarbeiten. Gelingt das nicht, hat jeder im gesamten Spiel zwei Sonderzüge. Nicht nach Pankow. Aber vielleicht nach Leptis Magna oder Tyros, beliebte Ausflugsziele der Antike. Wenn die Segel eingeholt werden, wird geschaut, wer in welchen der fünf Regionalkirchen das beste Standing genießt – dafür hat Henn den Alhambra-Wertungsmechanismus recycelt. Das alles wiederholt sich in drei Runden: Fünf Mal Auftrag aufdecken, aussuchen, anlegen. Dann fünf Mal ausliefern. Fünf Tempel werten. Ein arg repetitiver Spaß.

ZUr Fete nach Crete? Oder erst auf ein Gyros nach Tyros?

Zur Fete nach Crete? Auf ein Gyros nach Tyros?

Aber fangen wir mit dem Positiven an: Schön ist, dass die Grundvoraussetzungen in jeder Runde anders sind, zum Beispiel weil der Zufall die Aufträge mischt. Die Klötzchenschieberoptimierer maulen jetzt bereits etwas von „unplanbar“ oder „glückslastig“. Ja mei … Hübsch ausgedacht ist auch, dass die Ruderkarten nicht nur den Muckiwert meiner Paddelsklaven festlegen, sondern auch Teil der Wettervorhersage sind. Das alles sind tolle Details, die Varianz ins Spiel bringen sollen. Trotzdem langweilt Neptun.

Wer Neptun nicht mehr spielen mag, dreht den Spielplan einfach um und nutzt die Rückseite als Deko-Kachel im schleunigst eröffneten Gyros-Tempel.

Wer Neptun nicht mehr spielen mag, dreht den Spielplan einfach um und nutzt die Rückseite als Deko-Kachel im eigenen mediterranen Schnellimbiss.

Eine Varianz in der Auslage allein reicht nicht aus, wenn man so lange für ein Spiel am Tisch sitzt. Dann braucht es eine Varianz der Aktionsmöglichkeiten: Ich kaufe eine Tüte Äpfel, Bodo baut ein Häuschen und André K. huldigt einem Gott. Doch in Neptun tun immer alle das Gleiche, wieder und wieder und wieder, Runde für Runde für Runde. Vielleicht haben die besten Beamten der Welt an dieser Monotonie Spaß – ich habe ihn nicht. Zudem zieht sich das Spiel unfassbar in die Länge, die angegebene Spieldauer von 45 Minuten: ein Fantasiewert. Gähn. Dann doch lieber mal wieder Metro. Oder Wallenstein.

Es gibt auch schon Mini-Erweiterung wie das Mosaik. Bringtt auch nicht mehr Spannung, macht alles sogar noch langatmiger.

Es gibt auch schon Mini-Erweiterungen wie das Mosaik. Bringt auch nicht mehr Spannung, macht alles sogar noch langatmiger. Fotos: A. Becker

Gespielt wurden außerdem an diesem Abend: Avalon, Blueprints, Da Vinci Code, Die Baumeister. Mittelalter, Die verbotene Insel, Glück auf!, Hamsterbacke, Heckmeck am Bratwurmeck, Istanbul, Jäger der Nacht, Machi Koro, Puerto Rico, Space Alert, Splendor, Verlasst das Schiff

Es spielten: André E., André K., Andreas, Birthe, Bodo, Claudia, Curt, Gerd, Hajo, Marco, Maren, Michael, Olaf, Robert, Simone, Tobias, Ulrike, Uta