Bremen ist immer eine Reise wert. Besonders, wenn ein ganz bestimmter Mann mit grünen Haaren sein neues Spiel vorstellen will. Für Friedemann Friese war es der hundertsechsundfünfzigste Freitag seines Freitag-Projektes, das man seit 2008 in seinem Blog verfolgen kann. Nach Schwarzer Freitag, das Kosmos vergangenes Jahr veröffentlicht hatte, lautet der Titel seines neuesten Werkes ganz schlicht Freitag. Es ist ein Solo-Abenteuer geworden, das er uns auf einer „Release-Party“ in der Volkshochschule mit zwei Flaschen Schaumwein erklärte. Den Schaumwein trank er zwar größtenteils selbst, nahm sich aber etwa fünfundzwanzig Minuten Zeit, um mit uns zu sprechen. Und noch viel mehr Zeit, um mit uns zu spielen.
Freitag
Im Kartenspiel Freitag geht es also darum, als „Freitag“ (wer auch sonst?) dem wirklich schwachen Robinson bei der Inselerkundung gegen „Wilde Tiere“ oder „Kannibalen“ zu helfen. Wenn man dabei richtig gut ist, dann schafft es der Gestrandete sogar, sich am Ende gegen zwei Piratenschiffe durchzusetzen. In den gespielten Partien gelang es aber keinem von uns, überhaupt in diese Phase des Spiels einzutauchen. Der doofe Robinson, der im Verlauf auch noch immer tollpatschiger wurde, bekam vorher eine Seebestattung.
Drei Runden heißt es, auf dem Eiland zu überleben. Die Gefahren werden dabei immer gewaltiger. Zwei Gefahrenkarten deckt man auf und sucht sich dann aus, welche man bekämpfen will. Dazu darf man eine vorgegebene Zahl Karten aus seinem eigenen Robinson-Deck nutzen. Ist die Stärke auf diesen Karten gleich oder größer der Gefahr, darf man die Gefahrenkarte mit in sein Deck legen. Denn die zweigeteilten Karten bedeuten nicht nur Gefahr, sondern auch neu gewonnene Erfahrung in Form zusätzlicher Stärkepunkte und Sonderfunktionen.
Bin ich allerdings nicht stark genug (und es sind definitiv genügend Dödelkarten im Robinson-Deck, immer, wenn es neu gemischt wird, kommt zusätzlich eine Tollpatschkarte dazu) – fehlt es mir also an Durchsetzungskraft, kann ich eins meiner 20 Leben opfern, um eine weitere Karte aufzudecken (Robinson ist also eine Zweisechssiebtelkatze, interessant). Und noch eine. Und noch eine. Bis ich im schlimmsten Fall tot bin. Oder ich gebe auf, zahle die Differenz zwischen Gefahrenwert und meine Stärke in Leben. Die Gefahrenkarte wird keine Erfahrung, sondern wandert zurück zu den Bedrohungen. Aber ich kann im Wert der abgegebenen Leben offen ausliegende Robinsonkarten zur Deckoptimierung aus dem Spiel nehmen.
„Eigentlich wollte ich ein kooperatives Spiel entwickeln. Aber dann war es einfach so gut allein zu spielen. Seitdem ich in Elternzeit bin, habe ich sowieso kaum Flexibilität, Spiele mit anderen zu testen“, erzählt Friedemann.
Funkenschlag – Die Roboter
Auf viel Zeit alleine deutet auch der Zuwachs in der Funkenschlag-Familie hin. Die Nummer sieben ist nämlich ein virtueller Spieler in Form eines – Überraschung!: Roboter. „Solche virtuellen Spieler mag ich eigentlich gar nicht, aber es gab so viele Diskussionen im Netz, dass Funkenschlag zu zweit nicht so dolle ist“, berichtet er weiter. Bei der Suche nach einer Lösung inspirierte ihn eine Idee Tom Lehmanns aus Race for the Galaxy. Erschaffen hat er am Ende Roboter, „die aktiv in das Spielgeschehen mit eingreifen und über Sondereigenschaften, wie zum Beispiel mehr Geld, verfügen“. Die Erweiterung gab es in der VHS aber nur als Ausrucke an der Wand zu sehen. Richtig ins Spielgeschehen greifen sie erst in Essen ein.
Funkenschlag – Die ersten Funken
Das gilt auch für die ersten Funken, die es wie immer am Stamm-Stand in Halle 11 gibt. Es ist eine etwas familienfreundlichere Funkenschlag-Version, mit niedlichen Mammut- und Bären-Figuren. Mehr dazu später an dieser Stelle. In diesem Jahr hat sich Friedemann übrigens vorgenommen, von Donnerstag bis Sonntag am Stand zu sein. Im vergangenen Jahr war das ausnahmsweise mal anders, aber da genoss natürlich die Geburt seines Sohnes oberste Priorität. „Essen hat für mich als Autor und Kleinverleger eine große Bedeutung. Hier erziele ich immer noch meinen größten Verkaufsanteil. Hier trifft man sich. Ich werde mir auch viele Spiele dort kaufen, allerdings ohne vorher auf die Rangliste bei Boardgamegeek zu schauen. Ich hab da meistens einen etwas anderen Geschmack. Für mich sollte ein neues Spiel auch einen neuen Mechanismus haben. Einen, der sofort zu erkennen ist und nicht hinter 1000 Bedingungen verschwindet“, sagt Friedemann Friese.
Fremde Federn
Dann gab es in der VHS noch eine Weltpremiere, wir durften mit Friedemann als erste Testgruppe überhaupt eine ganz neue Idee testen. In seinem Freitags-Prototyp „Fremde Federn“ vereint er gleich die Zutaten drei erfolgreicher Spiele: Dominion, Caylus und Funkenschlag. Es ist also ein Deckbuilding-Worker-Placement-Drafting-Game. Im Grunde ist es „ein Rennspiel“, wie wir feststellten, was dann wiederum der „Running Gag“ der Runde wurde (Wakawaka). Wer sich am meisten auf der Kramerleiste bewegt, hat gewonnen. Bewegungen erfolgen durch Bewegungskarten, die man sich kaufen kann, oder indem man sich auf das entsprechende Feld mit seinem Pöppel stellt („2 Felder ziehen“ war mein Favorit im Worker-Placement-Bereich). Zu Beginn jeder Runde reicht jeder Spieler eine Karte an seinen linken Nachbarn, dann sucht sich jeder aus seiner so aufgestockten Kartenhand eine aus und legt sie ab. Alle sind fortlaufend nummeriert, womit Friese bei Frieses Funkenschlag abkupfert. So wird der Startspieler ermittelt (Karte mit der höchsten Zahl entscheidet), die Pöppel werden auf den verschiedenen Feldern platziert, anschließend spielt jeder seine Kartenhand komplett aus und erweitert dadurch sein Deck.
Es hat wirklich viel Spaß gemacht, auch wenn derjenige mit der Taktik „Ich sammle viele Karten anstatt mich zu bewegen“ am Ende vorne lag. Allerdings nur, weil er eine Karte doppelt nutzte und auch noch kopierte – eine dann doch arg kumulative Wirkung. Friedemann schrieb in seinem Blog dazu: „Neue Kartenfunktionen (und auch prüfen, ob kopieren einer Karte sinnvoll ist)“. Ja, das sollte überprüft werden.
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