Der Hobbit

Der Hobbit. Eine unerwartete Reise. Das Spiel zum Film

„In einem Loch im Boden, da lebte ein Hobbit.“ So harmlos und unverdächtig und heimelig klingt das im ersten Kapitel von John Ronald Reuel Tolkiens Kinderbuch Der kleine Hobbit. Wir wissen ja mittlerweile, dass es später gefährlich und nervenaufreibend und alles andere als gemütlich für Bilbo Beutlin, besagten Hobbit, wurde. Auf seiner Schatzsuche mit den Zwergen und Gandalf, dem Zauberer, wird er sich manches Mal im Stillen gedacht haben: „Wäre ich nur in meinem Loch im Boden geblieben.“ Was er erlebte, wird ab Dezember im Kino zu sehen sein, Peter Jackson legt nach der Der Herr der Ringe-Trilogie nun mit einem Der Hobbit-Triptychon nach. Es wird das Kinoereignis des Jahres, keine Frage. Und Andreas Schmidt hat den Jackson-Film verspielt. Kosmos hat gerade Der Hobbit. Eine unerwartete Reise. Das Spiel zum Film herausgebracht.

 

Das noch beschauliche erste Kapitel in Tolkiens Roman ist mit „Ein unerwartetes Fest“ überschrieben. Das hat Andreas wohl gefallen, er nahm das Motiv auf. Am Samstag lud er im Scotland-Saal des Atlantic Grand Hotel in Bremen zur großen Release Party für sein Spiel. So ein Erfolg muss schließlich gefeiert werden, denn die Nummer drei aus der Liste seiner bislang veröffentlichten Ideen ist so etwas wie das ganz große Los. Kosmos ist schließlich ein Big Player. Von einer 70.000er-Erstauflage dürfen zudem selbst die etabliertesten Autoren meistens nur träumen. Und dass das Spiel zudem noch international verkauft wird, ist großes Kino. Also: eine Feier! Mit allem, was zu so einer Release Party dazu gehört. Mit Hobbit-Spielen auf allen Tischen, mit einem köstlichen Büfett, mit guten Getränken. Und sogar mit zwei Hobbits. Jens und Daniela Raczkowski, Freunde des Autors, hatten sich passend zum Abend gekleidet, sie trugen weite Hemden aus groben Stoff und spitze Ohren. Sehr schön.

Game Release Party Der Hobbit

Autor Andreas Schmidt mit Gäste-Hobbits.

Andreas Schmidt ist das, was man einen coolen Typen nennt. Seine Haare sind kurz geschoren, die Koteletten laufen lang und spitz auf den Bart zu, seine Brille mit dem dicken Rahmen zeigt: Schmidt ist lässig, zwar auch ein bisschen das Klischee eines Kreativen, aber lässig. Und tiefenentspannt. Trotz Hobbit-Erfolg. Mit seiner Frau Sabine betreibt er die Media-Agentur „Phantastischer Raum“ mit den Spezialgebieten: Radio-/TV-Werbung, Pop-Culture und Spieleentwicklung. Der dritte Part ist Andreas‘ Reich, er ist einer, der übersprudelt vor Ideen. Mehr als 60 Prototypen in den unterschiedlichsten Stadien sind auf seinem iPad abgelegt, vier sind veröffentlicht. ShenShi hat Frank „Czarnè“ Czarnetzki 2009 in seinem Ausstattungs-Orgien-Verlag LudoArt herausgebracht, in diesem Jahr haben Andreas und Sabine das Stichspiel Trikk 16 professionell bei Altenburger produzieren lassen. Und nun in Essen kommen die Veröffentlichungen drei und vier: Der Hobbit und Jackal & High bei Zoch. Noch ein Grund zu feiern.

„Die Jungs von Kosmos hatten mir erzählt, dass sie sich um die Lizenz für den Hobbit bemühen. Das war so vor zweieinhalb Jahren, glaube ich“, erzählt der 41-Jährige. Es war der Moment, in dem er wie Bilbo auf eine unerwartete Reise ging und anfing, ein Hobbit-Spiel zu entwickeln. Er las den Roman, hörte das Hörbuch. „Daran habe ich das ganze Spiel entwickelt.“ Obwohl unklar war, ob Kosmos wie auch beim Herrn der Ringe den Zuschlag erhielt. Doch die Stuttgarter bekamen ihn. „Vor einem Jahr riefen sie an, dass sie die Lizenz haben.“ Das Spiel zum Film war da schon so gut wie druckreif.

Game RElease Party Der Hobbit

Ein paar der von Kosmos produzierten und weltweit vertriebenen 70.000 Spiele.

„Am Anfang hatte ich versucht, den Hobbit auf einen Fantasy-Prototypen von mir draufzusetzen“, sagt Andreas. Doch da hatte Kosmos Probleme mit, der Bewegungsmechanismus war den Stuttgartern zum kompliziert. Ein Spiel zum Film muss schließlich familientauglich und massenkompatibel sein, leicht zu lernen, einfach zu spielen. „Dann fragte ich mich, welche Figuren die Spieler spielen sollten. Es gab da schon mal ein Hobbit-Spiel aus den 90er-Jahren. In dem haben alle Bilbo gespielt – aber es gibt doch nur einen Bilbo“, erzählt der Autor. „Schnell war klar, dass es ein kooperatives Spiel wird, schnell war klar, dass die Spieler Zwerge spielen und Bilbo und Gandalf vom Spiel oder über Entscheidungen der Spieler bewegt werden.“ Ursprünglich sollten bis zu fünf Spieler zehn der 13 Zwerge darstellen. An der Stelle musste der Hobbit aber wieder abspecken.

Kosmos hat die Spielerzahl auf vier reduziert, die 13 Zwerge kommen nun alle in den Handkarten vor. Das restliche Prinzip von Andreas‘ Entwurf wurde aber beibehalten. Die Spieler bewegen sich mit ihrem festen Satz Bewegungskarten vorwärts, zudem können sie die Aktionen der Auenland-, der Bruchtal- und der Carrock-Karten nutzen. Die Zwerge auf diesen Karten helfen, die Trolle und andere Gegner in den Trollhöhlen und im Nebelgebirge zu besiegen – nur so kommt die kleinwüchsige Reisegruppe vorwärts. Ziel ist es, Bilbo und mindestens einen Zwerg eines jeden Spielers ins Ziel zu bringen und möglichst dabei auch noch den einen Ring für Bilbo zu finden. Damit es nicht zu gleichförmig wird auf dem Marsch, hat Andreas noch ein Zufallselement eingebaut. „Ein unberechenbares Moment sollte im Spiel sein.“ Also wird in Mittelerde auch gewürfelt.

Game RElease Party der Hobbit

Die Spieler müssen gemeinsam versuchen, Bilbo ins Ziel zu bringen. Zudem muss es mindestens ein Zwerg eines jeden Mitspielers schaffen.

Das Prinzip des Hobbits klingt: simpel, nach einem einfachen Laufspielchen, karten- und manchmal würfelgetrieben. Doch schon an den Trollhöhlen wird deutlich: Die Zwerge müssen geschickt Hand in Hand arbeiten, möglichst viel zu zweit unternehmen, um schlagkräftiger zu sein und um die Bewegungspunkte ihrer Ponys optimal auszunutzen. Soweit die Theorie. Es gibt allerdings einen kleinen Haken: In den Abenteuer- und den eigenen Karten sind auch Orks verborgen. Immer, wenn einer auftaucht, schreitet der Ork-Stein in der Ork-Spirale voran. Und jedes Mal, wenn er auf einem roten Feld landet, werden der oder die am weitesten auf dem Weg vorangeschrittenen Zwerge oder auch Bilbo gefangen genommen. Passiert das einer Figur, kann sie befreit werden. Passiert das einem Pärchen, sind sie aus dem Spiel – Felder, auf denen zwei Figuren stehen (ob gefangen oder nicht), können nicht betreten werden. Ist einer der beiden Gefangenen Bilbo: ist das Spiel verloren. Sind unter den Gefangenen beide Zwerge eines Spielers: ist das Spiel verloren. Erreicht der Ork-Stein das letzte Feld der Spirale: ist das Spiel – richtig! – verloren. Der Hobbit ist fein komponierte Familienspielkost und trotz des in Profikreisen oft geschmähten Stempels „Das Spiel zum Film“ einen näheren Blick wert. Zwar sind die Mechanismen recht einfach und schnell gelernt, die zu lösenden Aufgaben aber so anspruchsvoll, dass auch Vielspieler nicht chronisch unterfordert werden.

Zwei, drei Lernpartien brauche es, um gegen das Spiel zu gewinnen, sagt Andreas. Das müsse es aber auch, sonst wäre es reizlos. Wobei es vom Verlag noch etwas einfacher gestrickt wurde, als Andreas es ursprünglich vorgesehen hatte. Aber er sorgte auch dafür, dass es eben nicht zu simpel wurde. Allerdings musste er das Spiel vor der Marktreife deutlich abspecken. So ist Smaug, der Drache, verschwunden. Vorerst zumindest. „Im zweiten Spiel soll er eingeflochten werden“, sagt Andreas. Wenn es erscheint, soll es eigenständig gespielt werden können – oder Teil eins ergänzen. Das zweite Spielbrett soll an das jetzige angelegt werden – und die Reise ginge weiter. Auch die Adler kommen nicht mehr vor – allerdings aus ganz simplen Gründen. „Dafür gab es die Bildrechte von Warner nicht“, erklärt der Autor. Die Film-Figuren auf den Karten sind nicht gemalt oder gezeichnet, sondern es sind alle mit Originalfotos abgebildet, daran mag sich der eine oder andere stören. Aber Warner macht strengste und penibelste Vorgaben, wie ein Produkt zum Film auszusehen hat. Peter Jackson muss für alles sein Okay geben, jedes Detail muss dem bibeldicken Style-Guide entsprechen.

Game Release Party Der Hobbit

Schmidt. Andreas Schmidt. Spieleerfinder. Und lässiger Kreativer.

Besonders gefällt Andreas, dass jedes Spiel anders verlaufe, je nachdem, welche Karten wann ins Spiel gelangen. Ein paar grundlegende taktische Überlegungen sollten die Spieler aber im Hinterkopf haben, um ihre Erfolgschancen zu erhöhen, verrät er. Die Wanderzwerge sollten zum Beispiel schnell in Bruchtal ankommen. Dort sammeln sie beim obligatorischen Nachziehen nämlich neue, stärkere Handkarten für den Zwergentalon. Je größer der wird, wenn die abgeworfenen Karten gemischt werden, desto langsamer kommen weitere Orks ins Spiel und desto langsamer wandert der Verderben bringende Ork-Stein. „Dann sollte man schnell die Abenteuer im Nebelgebirge angehen, um den Ring freizusetzen“, sagt Andreas, der am Freitag und Sonntag dieser Woche am Kosmos-Stand in Essen sein Spiel signiert. Die Internationalen Spieletagen sind für den Bremer natürlich in erster Linie Business, nicht Spiel und Spaß.

Er wird also sein iPad durch die Hallen tragen, diesen und jenen Verlag besuchen, immer in der Hoffnung, Redakteure von seinen Ideen zu überzeugen. Oder sie zumindest mit seinen Prototypen anzufixen. Die fertigt er übrigens immer mit höchster Akribie, einige sehen aus, als wenn das Spiel bereits fertig produziert sei, sagen Freunde, die für ihn schon probegespielt haben. So war es auch mit Jackal & High, das er noch unter dem Arbeitstitel Visee auf der Messe in Nürnberg am Zoch-Stand vorstellte. Die Idee für das Würfelspiel gefiel den Münchenern. „Sie wollten gleich meinen Prototypen haben. Aber das Original gebe ich nicht her“, erzählt Andreas. Am Abend bastelte er aus dem Material, das er auf Geschäftsreisen stets mit sich führt, einfach einen weiteren. Den gab er ab, wenig später war eine E-Mail da. „Wir haben das Spiel noch am gleichen Abend gespielt. Wir bringen es in Essen heraus.“

Jackal & High Zoch

Steppenhunde spielen am liebsten mit drei W8. Sieh an.

Da sie es bei Zoch am liebsten mögen, wenn Würfelspiele etwas mit Viechern zu tun haben, prügeln sich nun die Alphatierchen eines Steppenhunderudels darum, welche Mitglieder auf ihrer Seite stehen. Dafür müssen die Werte auf den Karten mit drei achtseitigen Würfeln genau getroffen werden. Eine Karte kann man sich nur mit dem richtigen Ergebnis sichern, egal, ob man dafür einen, zwei oder drei Achtseiter benötigt. Sind mehrere Spieler hinter eine Karte her und haben sie erfüllt, kommt es zu einem Duell: Die Spieler werfen all die Würfel, die sie auf der Karte liegen hatten. Wer die höchste Summe erreicht, bellt ganz laut „Hurra“. Wer es aber nicht schafft, den Kartenwert zu erreichen, landet unter Geiern, im – Achtung: Zoch-Humor für Theaterfreunde – Geier-Valley. Das Ganze ist sehr launig geraten und für Freunde einer seichten Würfelbespaßung mit Schadenfreudefaktor unbedingt eine Empfehlung.