Kommen wir zu den großen Fragen des postfaktischen Zeitalters: Kann man zu viele Star-Wars-Filme drehen? Nö. Kann es zu ausgefallene Rezepturen für Bertie Botts Bohnen geben? Niemals. Kann Hans im Glück den Bogen mit immer neuen Carcassonne-Klonen überspannen? Nein. Doch! Ooooh!

Ich gebe zu: Ich bin befangen. Ich oute mich mal, das soll ja der Seelenhygiene dienen. Also: Hallo. Mein Name ist Andreas. Ich bin Carcassonne-Fanboy. Ich giere nach Neuem, Erweiterungen, Give-Aways. Aber ich gebe zu: Nicht jeder Klon glückt, auch Reproduktions-Profis wie Klaus-Jürgen Wrede mixen manchmal schale Aminosäuren-Cocktails wie Mayflower, Amazonas, die Katapult-Erweiterung zusammen. In diesem Fall ist es glücklicherweise anders.

Dabei ist Über Stock und Stein eine Kooperation der Hansimglückler mit dem bayrischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege, was so viel Spaß wie schuppiger Hautausschlag verspricht. Aber offenbar haben sich die Ministerialen nicht eingemischt. So ist ein wirklich charmanter und einstiegsfreundlicher Cousin ersten Grades erschaffen worden, der die Qualitäten des Urahns in sich trägt, von dessen kantigen Charaktereigenschaften aber so gut wie nichts abbekommen hat.

Beispiel Wiesenwertung – die einige nie wirklich verstanden haben (jedenfalls haben sie so gespielt): Sie wurde rausgemendelt. Stattdessen gibt es Ställe, für die in altklösterlicher Manier die Viecher auf den Nachbar-Weiden gezählt werden. Das ist viel einfacher. Außerdem finden alle Tiere toll. Beispiel Städte: Sie heißen jetzt Äcker und auf ihnen wachsen Feldfrüchte wie Erdbeeren, Kürbisse oder Vogelscheuchen (gut, da hakt es im Storytelling etwas), die uns am Ende Superfood-Scores bringen. Beispiel Straßen: Meeple darauf sind keine Wegelagerer mehr, sondern Wanderer. Flanieren sie über die Pfade, punkten sie en passant, womit Straßen ihr 1B-Image ablegen. Das alles ist hübsch ausgedacht.

Über Stock und Stein ist etwas für Fans. Und für alle Ab-und-zu-Spieler, die das Original nicht kennen.

Carcassonne. Über Stock und Stein von Klaus-Jürgen Wrede, 2015 bei Hans im Glück Verlags-GmbH für 2 bis 5 Spieler ab 7 Jahren, mit wirklich niedlichen Tieren und anderen Motiven von Doris Matthäus; Dauer: circa 35 Minuten; Preis: rund 19 Euro; Einstieg: mittel

In unserer Reihe Auf einen Caffè corretto mit … spielen André und Andreas in einer Frühstückspause pro Woche ein kleines Spiel für den Hunger zwischendurch. Dabei kommen nicht immer fundierte Bewertungen, sondern auch Beschreibungen von brutal subjektiven, aber deswegen vielleicht auch irgendwie korrekten Bauchgefühlen heraus. Zuletzt: Kingdomino.