Ghost StoriesFreitagabend, 17. August, 20 Uhr, zur besten Sendezeit haben die Pöppelhelden erneut zum Spieleabend geladen – und trotz dieses Wetters, das so gut gelaunt wie ein Farin-Urlaub-Song ist, sind 24 wackere Eisenbahninvestoren, Weltwunderbauer, Glücksspieler und Geisterjäger schwer beschäftigt. Während draußen irgendwo ein Grillabend vorbereitet wird – die Schwaden des Anzünders schweben durch den Raum der Matthäus-Kirche -, haben sich Birthe, Iris, Peggy und Andreas ebenfalls vorgenommen zu grillen, und zwar den ultimativen Endgegner: Wu-Feng.

Der ist mächtig schlecht gelaunt. Nachdem seine Schreckensherrschaft mit viel Blutvergießen beendet wurde, sinnt er auf Rache. Doch bevor er seine alte Macht zurückerlangt, muss er noch die Urne finden, in der seine Asche verwahrt wird. Sie liegt verborgen in einem kleinen Dorf im Reich der Mitte, verteidigt von einem alten Mönchsorden, den Fat-Si. Offensichtlich ein fatalistischer Orden, nur so kann man sich erklären, dass er die Verteidigung gegen den Oberschurken Wu-Feng mit Freude erledigt. (Andererseits: Ein baptistischer Orden hätte bedeutet, dass die Bab-Si gegen Wu-Feng kämpfen – und das bitte ist ja nun wirklich albern.)

Die Sonne ist gerade hinter den Hügeln am Horizont versunken, die Lerche hat aufgehört zu singen. Eine unheimliche Stille breitet sich aus, selbst das monotone Streichkonzert der Zikaden ist verstummt. Unheil liegt in der Luft, die Bedrohung ist greifbar. Fahl schimmert der Mond durch die Wolken, der ultimative Endkampf steht unmittelbar bevor.

Das Setting von Ghost Stories aus der Feder von Antoine Bauza ist stimmungsvoll, die Illustrationen von Pierô sind große Comickunst. Das Spiel ist im Grunde simpel: Geister kommen und spuken. Die Mönche versuchen, sie allealle auszulöschen, sie kämpfen und holen sich Hilfe bei den Dorfbewohnern. Und weil an diesem Abend mit White-Moon-Erweiterung gespielt wird, müssen wir auch noch Teile der Bevölkerung retten und durch ein Portal in Sicherheit beamen. Das klingt anspruchsvoll, und deswegen sind wir großzügig und gönnen uns zu Spielbeginn noch ein Qi-Pünktchen mehr pro Mönchsnase – ohne hätten wir es wohl auch nicht geschafft, am Ende Wu-Feng zu töten. Dieses Mal erschien er in der Gestalt der Portalwächterin, die alte Transe.

Das zusätzliche Leben sorgt dafür, dass wir recht mühelos die Geister in Schach halten können. Denn so tut es nicht besonders weh, auch mal die Hexe zu besuchen, einen Teil der eigenen Seele zu verkaufen, auf das sie einen der bösen Geister vernichtet. Sorge bereiten nur die spukenden, wie Dementoren aussehenden Geister, denn sie können die zu rettenden Dorfbewohner töten. Die sind zwar als Familie in der Regel sehr großzügig, wenn sie allesamt in Sicherheit gebracht werden. Aber jeder einzelne verflucht die Fat-Sis, wenn er denn doch das Zeitliche aufgrund übernatürlicher Einwirkungen von außen vorzeitig segnet. Und zwar nicht zu knapp, die undankbare Brut saugt einem noch Lebensenergie ab oder bringt sogar noch weitere Inkarnationen von Wu-Feng ins Spiel.

Spielsituation Ghost Stories

Spielsituation Ghost Stories

Und genau deswegen wird es kurz vor Morgengrauen doch einmal knapp, es sieht so aus, als wenn Wu-Feng und seine Horden aus Zombies, Ghouls, Rotten Souls oder Sticky (nicht: Stinky) Feet gewinnen. Aus allen vier Himmelsrichtungen kreisen uns die Geister ein – und gelingt es nicht, Wu-Feng vor Anbruch des neuen Tages (spielmechanisch: vor dem Aufdecken der letzten Geisterkarte) zu vernichten, wird dies die letzte Nacht der Menschheit in Freiheit gewesen sein. Es gibt nur eine Chance: Wir müssen uns Wu-Feng stellen, die Vorbereitungen für den letzten Kampf laufen auf Hochtouren. Im Gebetskreis wird der Tao-Marker auf Klebreis gewechselt, Fat-Si Iris sammelt mit ihrer Gabe „Bodenlose Tasche“ ebenfalls einen gelben Marker ein und trifft sich mit Fat-Si Andreas am Marktstand des Kräuterhändlers. Zwei gelbe Tao-Marker verstärken uns bereits, Andreas hat einen Mondkristall zur Unterstützung mit in den Kampf gebracht, sodass Iris-San nur noch ein gelbes oder weißes Symbol herbeiwürfeln muss. Aber Iris und die Würfel, das ist keine Liebesgeschichte, es bleibt spannend. Nur eines ist klar: Wenn der Kampf verloren wird, ist es aus. Noch eine Runde überstehen wir wahrscheinlich nicht. Iris wirft – und Iris schafft es. Sieg! Wu-Feng ist geschlagen, die Menschheit kann in Frieden weiterleben.

Ghost Stories ist ein kooperatives Spiel, das nicht alle mögen. Zum einen, weil sie das Thema nicht anspricht. Zum anderen, weil es hundsgemein und hinterfotzig sein kann, denn das Würfelglück ist ein sehr entscheidender Faktor: Im Kampf hat jeder Mönch nur einen Wurf. Da kann schon einiges danebengehen. Gut, man kann sich wappnen, Tao-Marker sammeln, den Gebetskreis instruieren oder eben die Hütte der Hexe besuchen. Aber meistens fehlt einem die Zeit, um neben den Raufereien mit einem Blood Drinker oder einer Perfidious Nymph noch ausreichend Energie in die Altersvorsorge zu investieren. Andererseits: Genau dieses Glückselement macht Ghost Stories so spannend. Sollte viel öfter auf den Tisch kommen.

 

Die Burgen von BurgundZum Abschluss noch eine schnelle Runde Burgen von Burgund mit Andreas, Bodo und Michael. Schnell? Mit Bodo? Und mit Michael? Das geht? Ja, das geht, wie die Dreierrunde zeigt, alle kennen die Regeln, alle sind drin, es läuft rund, beim einen mehr, beim anderen weniger. Dieser Alea-Titel, ausgedacht vom großen Stefan Feld, ist definitiv einer der allerstärksten der vergangenen Spielzeiten, immer wieder gut, nutzt sich auch nicht ab. Am Ende: Bodo gewinnt, wie immer, könnte man meinen, er darf sich also den ehrenvollen Beinamen Bodo von Burgund verleihen lassen.

An dieser Stelle sei noch für alle hinzugefügt, dass es bei so einer Partie BoBu so kommt wie bei Village, Carcassonne, 7 Wonders oder Das 20. Jahrhundert. Man muss es aber sportlich nehmen, so wie die anderen 100-Meter-Läufer es mit Usain Bolt machen: Der Ehrgeiz muss sein, gegen ihn zu gewinnen. Irgendwann mal. Oder man sucht sich andere Felder, auf denen man ihn leicht hinter sich lässt, im Gegensatz zum UsBo ist der BoBu nämlich nicht unbedingt einer der, sagen wir mal, Quirligsten am Brett. Also: Wenn schon nicht klüger, dann doch zumindest schneller spielen.

Spielsituation Der Bodo von Burgund

Spielsituation Der Bodo von Burgund

 

Außerdem wurden gespielt: 7 Wonders, Age of Steam – Timetraveller, Bohnanza, Bullenparty, Die Tore der Welt – Das Kartenspiel, Eisenbahn Investor, Lange Leitung, Milestones, Robo Rally und Santy Anno