7Steps_CoverHellwege, im Oktober. Regional ist das neue bio. Sagt zumindest die Regionalbewegung. Und weil die Pöppelhelden bio voll gut finden, spielen sie bevorzugt Spiele aus abbaubaren Materialien wie Holzklötzchen und Pappmarkern. Bäh sind dagegen Dinge, die auch Jahre, nachdem man sie in den Wald geschmissen hat, nicht verrotten. Konsolen zum Beispiel. Also sind wir auch für regional – und schauen kurz vor Essen noch mal bei den Autoren und Verlagen vorbei, die bei der Spiel mit Neuheiten präsent sein werden. Dabei geht es uns natürlich nicht darum, die Neuheiten abschließend zu bewerten, sondern vor allem auf die Entwicklungsgeschichte zu schauen. Also auf zu einer Partie 7 Steps mit Michael Kiesling und Reinhard Staupe.

Es ist kalt an diesem Herbstabend in Hellwege. Und es ist auch kalt im Heimat- und Kulturhaus. Aber immerhin gibt es einen eigenen Raum für Spiele, klein ist er und unbeheizt, aber schnuckelig. An der Wand hängen Coverbilder der gelben Amigo-Reihe, für die Reinhard Staupe regelmäßig Titel beisteuert. Daneben weitere Banner. Alles sehr schön. Und ohne lang zu reden, zückt Reinhard Staupe 7 Steps, seine erste Kooperation mit Michael Kiesling, und fängt mit dem Aufbau an.

Zwölf bis 15 Jahre ist es nun her, dass die beiden das erste Mal miteinander sprachen. So ganz genau wissen sie es auch nicht mehr, Reinhard Staupe lebte damals noch in Kassel. Eines Tages klingelte sein Telefon, am anderen Ende war Michael Kiesling. „Michael sagte, dass er jemanden suche, um mit ihm im Team zu arbeiten“, sagt Reinhard Staupe. Aber er wollte nicht. „Ich treffe meine Entscheidungen gern allein.“ Kiesling fand dann Wolfgang Kramer. Es folgte: eine lange, lange, lange Pause.

2009 zog Reinhard Staupe in den Norden der Republik, nicht weit entfernt vom Städtchen Achim, in dem Michael Kiesling lebt. Die beiden nahmen per E-Mail Kontakt auf, die Arbeit an ihrem ersten gemeinsamen Spiel begannen trotzdem erst Mitte 2012, nachdem sie sich in einer Achimer Spielerunde in persona begegnet waren. „Michael hatte die Idee zu 7 Steps bereits, aber es war noch der pure Mechanismus“, erzählt Reinhard Staupe, „dem Spiel fehlte noch etwas“, ergänzt Michael Kiesling. „Die Karten waren dann Reinhards Idee. Mit ihnen kann zum Beispiel die Spielzüge verbessern.“ Oder während seines Zuges mehr Siegpunkte scheffeln.

Reinhard Staupe (links) und Michael Kiesling habne zwar unterschiedliche Herangehensweisen beim Spieleentwicklen, aber gewinnen wollen sie dann doch beide ganz unbedingt.

Reinhard Staupe (links) und Michael Kiesling haben zwar unterschiedliche Herangehensweisen beim Spieleentwickeln, aber gewinnen wollen sie dann doch beide ganz unbedingt.

Das Spiel selbst ist verführerisch simpel, dem Losspielen steht wenig im Weg. Das zeichnet abstrakte Spiele aber ja auch aus. Wer am Zug ist, darf von seinen Scheiben hinterm Sichtschirm bis zu sieben legen und kassiert Punkte: Eine Scheibe direkt auf den variabel zusammenbaubaren Plan gelegt, bringt einen Punkt, gelingt von dort der Sprung auf eine bereits ausliegende Scheibe, bringt sie zwei Punkte. Gibt halt immer entsprechend der just erklommenen Turm-Ebene Siegpunkte. Und von denen will man ja viele haben. Das Prinzip ist einfach, trotzdem ziemlich vollgestopft mit Taktik, wie es sich für einen guten Abstrakten gehört. 7 Steps spielt schon in einer Liga mit Qwirkle, fühlt sich aber fluffiger an, nicht so verkopft.

Schließlich suchten die beiden einen Verlag, was schwieriger war, als gedacht. Doch am Ende sagte Kosmos zu. Und drehte selbst noch an der einen oder anderen Regel-Schraube. Die Spieler dürfen jetzt vor ihrem Zug beliebig viele ihre Scheiben in den Stoffbeutel zurücklegen und dann wieder auf sieben auffüllen. Zudem wollte Kosmos noch eine andere Spielplangestaltung. Ursprünglich bestanden die sieben Planteile aus einfarbigen Tafeln mit jeweils sieben Feldern. Kosmos wollte aber mehrfarbige Planteile, mit denen jetzt die Rückseiten bedruckt sind, um es etwas anspruchsvoller zu gestalten. „Obwohl es eigentlich leichter wird, weil man dadurch mehr Möglichkeiten zum Legen hat – aber für den Kopf ist es schwieriger. Bei den einfarbigen Planteilen ist es genau umgekehrt.“ Michael Kiesling hat sich mal einen Vormittag hingesetzt und das durchgerechnet.

Der verflixte Sieben feiert ihr Comeback - im neuen Kosmos-Spiel geht es aber nicht um Wunder, sondern um sieben Farben, sieben Stockwerke hohe Türmesowie um  sieben Felder auf den sieben Spielplanteilen. Puh.

Die verflixte Sieben feiert ihr Comeback – im neuen Kosmos-Spiel geht es aber nicht um Wunder, sondern um sieben Farben, sieben Stockwerke hohe Türme sowie um sieben Felder auf den sieben Spielplanteilen. Puh. Fotos: Andreas Becker

Mit dem Resultat ihrer Kooperation sind die beiden zufrieden. Wohl auch, dass alles so gut reibungslos funktioniert hat, schließlich sind die beiden von ihrer Arbeits- und Herangehensweise sehr verschieden. Gut, beide testen ihre Prototypen in Spielerunden, bis es dampft. „Und sicher nehme ich die Kritik auf und füge das Feedback dann mit meinen Überlegungen zusammen“, sagt Reinhard Staupe. Am liebsten bei den Spaziergängen mit dem Hund. Aber letztlich sei für ihn immer ausschlaggebend, dass er von dem Spiel überzeugt ist. „Michael sagt, dass er selbst nicht wichtig ist, sondern nur das Urteil der Testspieler zählt.“ Doch in diesem Fall passte beides: Den Testspielern gefiel es, Reinhard Staupe und Michael Kiesling selbst natürlich auch.

Also: Wer Qwirkle mochte, der sollte 7 Steps unbedingt ausprobieren. Un-be-dingt!

Erklärungen für Reinhard Staupes Begeisterung für Kühe stehen auf dieser Seite.

Teil zwei mit dem Ausflug nach Hiddigwarden lesen Interessierte an dieser Stelle.