In der Sekundärliteratur steht: „Novizen in ihrem ersten Tauchgang dürfen als sicherer Wert für die Wasserleichenstatistik verbucht werden.“*1
Die Forschung erkennt aber auch Lernkurven. Wenn alle ständig absöffen, wäre Tiefseeabenteuer irgendwie blöd. Nun: Der eine lernt schneller. Der andere bleibt chronisch Ertrinkender.

Aber: Erstmal ins Wasser gehopst, zieht es mich in die Tiefe. Auf der Suche nach meinem Schatz. Auch wenn André schon seine Rückkehr signalisiert und am gemeinsamen Sauerstoff-Schlauch zupft, der an diesem winzigen Tank klebt, der nur 25 Atemzüge hält. Die O2-Vorräte sind läppisch. Wer es nicht rechtzeitig zurück in den U-Klapperkasten schafft, schließt seinen Frieden mit dem Schöpfer – Boot oder tot.

Tiefseeabenteuer ist eins dieser typischen asiatischen Mikro-Spiele: wenig Material, winzige Schachtel, witzige Spiele. Es geht rein um den Zock, darum, den Rest der tumben Tauchgesellschaft in den Exitus durch Ersaufen zu psychologisieren. Das ist schäbig, aber spaßig. Der kluge Regiekniff dahinter: Jeder entscheidet sich vor dem Würfeln, in welche Richtung es geht, nach unten oder zurück. Wer sich einmal für die Rückkehr entschieden hat, dreht nicht wieder um.

Die Risikobereitschaft übermannt einen im Tiefseeabenteur, weil man sich so sicher ist, dass die Würfel nett sind. Sind sie nicht. Zumal jeder aufgeladene Schatz die Bewegungsfreiheit bremst und für Schnappatmung sorgt. Ich werde langsamer, während meine Zeit schneller verrinnt. Es gibt bessere Kombinationen, wenn es ums eigene Leben geht.

Es gewinnt, wer die meisten Schätze birgt. Da reicht eventuell ein zauderlicher Abstecher bis knapp unters Boot, weil die Mittaucher zu waghalsig sind. Dabei ist es gerade zu zweit wichtig, sich nie zu weit vom anderen zu entfernen. In größeren Gruppen wird zwar mehr weggeatmet, dafür taucht es sich flotter, weil von anderen besetzte Felder übersprungen werden. Das Spiel lebt von vielen Mitspielern – auch weil dann die Psychospielchen viel mehr Freude bereiten.

*1: Bartsch, Udo: „Wenn Flasche leer“, in: Spielbox. Das Magazin zum Spielen 6/2016, 36. Jg., w. nostheide verlag gmbh Memmelsdorf, S. 30f.

Tiefseeabenteuer von Jun und Goro Sasaki, 2016 bei Oink Games GmbH für 2 – 6 Spieler ab 8 Jahren, wer es so minimalistisch und gerade deswegen so sensationell illustriert hat, wird uns nicht verraten; Dauer: höchstens 30 Minuten; Preis: rund 16 Euro; Einstieg: leicht

In unserer Reihe Auf einen Caffè corretto mit … spielen André und Andreas in einer Frühstückspause pro Woche ein kleines Spiel für den Hunger zwischendurch. Dabei kommen nicht immer fundierte Bewertungen, sondern auch Beschreibungen von brutal subjektiven, aber deswegen vielleicht auch irgendwie korrekten Bauchgefühlen heraus. Zuletzt: Carcassonne. Über Stock und Stein.