Hundsmühlen, im Oktober. In unserem Herzen sind wir alle Abenteurer und Entdecker. Wir sind diejenigen, die in unbekannte Gegenden vorstoßen und ihnen ihre Geheimnisse entreißen. Wir sind die wagemutigen Weiße-Flecken-auf-Landkarten-Einfärber, die Schätzefinder und Grabräuber. Ja, so sind wir Spieler im Herzen. Leider gibt es zwei Nachteile bei der Zurschaustellung dieser verwegenen Ader. Erstens: Alle weißen Flecken auf Landkarten wurden bereits vor Ewigkeiten ausgemalt, alle unbekannten Ufer entdeckt, die Schätze geraubt und ab und an (aber höchstens ungern) an die rechtmäßigen Besitzer zurückgegeben. Zweitens: Wir sitzen gern, essen Chips und trinken noch lieber Bier oder zuckrige Limonaden, was das Erkunden schwer zugänglicher Täler und Urwälder doch sehr beschwerlich erscheinen lässt. Wie schön also, dass wir diese Aufgaben dank der Erfindung des Brettspiels auch sitzend und mümmelnd erledigen können und so unseren unbändigen Entdeckergeist zum Beispiel auch im Hundsmühlischen nicht verkümmern lassen müssen. Und dass sich diese Abenteurerlust immer größerer Beliebtheit erfreut, das zeigte sich auch beim 71. offenen Spieleabend der Pöppelhelden, denn gleich 28 Entdecker und Abenteurer, so viele wie noch nie, kamen, um neue Kontinente zu entdecken und verborgene Schätze im Dschungel zu finden.
AMERIGO von Stefan Feld (Queen Games 2013)
Die Takelage knarzt und stöhnt, während der Bug der Galeeren in die Wellentäler taucht, um dann stolz wieder gen Himmel zu stoßen. Nach Wochen auf hoher See taucht am Horizont die Silhouette eines bergigen Eilands auf. Christopher Columbus dachte, er habe den Seeweg nach Asien gefunden und taufte das von ihm angesteuerte Land die Westindischen Inseln und nannte die Eingeborenen Indianer. Knapp daneben ist eben auch vorbei. John Cabot erreichte Neufundland und meinte, seinen Fuß auf chinesischen Boden zu setzen. Aber Amerigo Vespucci sprach als erster von einer neuen Welt, einer Mundus Novus. Die deutschen Kartografen Martin Waldseemann und Matthias Ringmann schrieben deswegen in ihrer 1507 erschienenen Cosmographiae Introductio: „Nun in Wahrheit wurden diese Teile der neuen Welt besonders erkundet und ein weiterer Teil von Americus Vesputius entdeckt. Und es ist nicht einzusehen, warum jemand es verbieten sollte, das neue Land Amerige, Land des Americus, zu nennen, nach seinem Entdecker Americus, einem besonders scharfsinnigen Mann, oder America, da sowohl Europa als auch Asien ihre Namen von Frauen haben.“
Der Marketing-Preis für die Entdeckung eines neuen Kontinents ging also ganz klar an Amerigo. Zudem ehrte ihn die Konditoren-Zunft durch Benennung eines mit Zucker- und Schoko-Glasur verzierten Teiglings für seine Verdienste. Was ja irgendwie auch ganz tuffte ist. Im Ranking bedeutender historischer Persönlichkeiten kommt Columbus allerdings weit vor Vespucci, auch gibt es viel mehr Columbus-Brettspiele als Amerigo-Verspielungen. Stefan Feld und Queen Games haben sich zu Recht empört und gesagt, dass es diese Verzerrung zu korrigieren gilt. Meine Damen und Herren: Der vierte große Feld in diesem Jahr heißt also Amerigo.
So, genug Bildungsgeblogge für diese Seite. Denn wir wollen ja unser Entdeckerherz schneller schlagen lassen – und das tun wir, indem wir durch eine unbekannte Inselwelt schippern, auf den Eilanden anlanden und sie besiedeln. Stefan Feld hat dabei eine Art kleinen Queen-Autoren-Wettbewerb gewonnen, denn die Troisdorfer wollten gern ein neues Spiel mit ihrem Würfelturm – bekannt aus Wallenstein und seinem Asia-Wochen-Klon Shogun – herausbringen. Feld, der Meister im Einsatz von Zufallsmechanismen, der längst den Ehrennamen „The Würfel“ trägt, setzte sich mit seiner Amerika-Entdeckungs-Saga durch.
Kernelement ist also der Turm, in dem zwei Zwischenetagen dafür sorgen sollen, dass nicht alle Klötzchen, die von oben hineinpurzeln, auch unten wieder herausfallen. Einige bleiben liegen, viele fallen durch, manchmal sogar nur die, die reingeworfen wurden, wieder andere schubsen Klötzchen an, die dann nach längerem Nickerchen auf dem Zwischendeck in die Tiefe fallen. Oder, wie es in der Regel etwas bedeutungsschwerer formuliert wird: „Der Würfelturm bestimmt das Schicksal aller Spieler.“
Je sieben Würfelchen in sieben unterschiedlichen Farben repräsentieren dabei die Aktionen. Der Startspieler ist der Turmmeister – je nach Laune der Spielrunde übernimmt diese verantwortungsvolle Aufgabe aber am besten der Spieler mit der vorteilhaftesten Sitzposition in Turmnähe oder derjenige, der den Dreh mit dem Reinwerfen gut raushat (es soll nämlich Menschen geben, deren seltsam ungelenke Bewegungsabläufe nicht einmal das befriedigend lösen können, was aber ein anderes, wenn auch sehr trauriges Thema ist). Der Turmmeister also kippt vor Beginn der Partie sämtliche Würfelchen und zu Beginn jeder Runde alle Steine einer Farbe vom entsprechenden Vorratsfeld des Rondells in das Hochbauwerk – und nun kommen im besten Fall einige Würfel ganz unterschiedlicher Farbe unten wieder heraus. Diese werden in das Aktionsfeld des Rondells gelegt.
Dieser mittlere Kreis sagt den Amerika-Entdeckern, was sie in dieser Runde tun können. Jede Aktion, in deren Farbe mindestens ein Klötzchen aus dem Turm gerollt ist, darf gewählt werden. Und die höchste Anzahl an gleichfarbigen Klötzchen wiederum gibt an, wie oft die in dieser Runde zur Verfügung stehenden Aktionen ausgeführt werden dürfen. Das ist simpel und clever ausgedacht.
Der Turm ist also dieses Mal Felds Zufallsgenerator, und er ist tatsächlich unberechenbar (der Turm, nicht der Herr Feld). Vor allem nach einer kleinen Innenrenovierung. Ab Werk wird das Gebäude in der Familienspieler-Version geliefert, die Zwischendecks sind so eingebaut, dass ihre abgerundete Seite nach oben zeigen. Dadurch rutschen die Klötzchen wesentlich leichter ab, sodass der brockige Auswurf des Turms immer als reichlich bezeichnet werden kann. Dadurch stehen auch jede Runde viele Aktionspunkte zur Verfügung – was die Aufgabe gerade für Vielspieler etwas zu einfach macht. Wer ständig aus dem Vollen schöpfen kann, trifft seine Entscheidungen ohne Not – und das möchte, seien wir ehrlich, doch niemand. Wir Spieler lieben die Not und Situationen zum Haareraufen, für uns beeinträchtigen zu viel Aktionspunkte gar den Spaßfaktor. Deswegen der Tipp von Inneneinrichtungsexpertin Tine Wittler: Turm öffnen, die Zwischendecken einmal wenden, sodass die scharfe Kante nach oben zeigt, und den Turm sanft wieder verschließen. Der Effekt ist überraschend stark. Auf einmal werden die Würfel und damit die Aktionspunkte rarer, Zwänge tauchen auf und geben dem Spiel den entscheidenden Pfiff.
Aber was passiert? Der Autor hat es auf seiner eigenen Homepage sehr prosaisch aufgeschrieben: „Das mächtige Leuchtfeuer im Signalturm weist den Seefahrern ihren Weg bei der Entdeckung einer unbekannten Inselwelt. Schnell sind erste Kontore errichtet und von dort aus wird das Hinterland besiedelt. Verschiedene Rohstoffe werden geerntet und als Waren in die Heimat geschickt. Allerdings treibt sich eine Horde Freibeuter in der Gegend herum und macht den SpielerInnen das Leben schwer, wenn sie sich nicht ordentlich bewaffnet haben.“
Die Elemente in Amerigo sind so feldisch, dass dem Fan des Meister-Autors aus Gengenbach der Einstieg leicht fallen wird. Und auch die Aktionen kommen einem so wohlig vertraut vor. Da ist zum Beispiel das Bauen. Bevor ich das tue, muss ich mittels Planung (= rote Würfelchen) meine oder die allgemeinen Gebäude zu mir holen. Erst dann darf ich sie auf die Inseln setzen (= grüne Würfelchen). Hat er auch schon im Burgund so gelöst, der Herr Feld. Vor der Versiegelung der subtropischen Waldgebiete steht aber das Anlanden auf den Inseln mittels Schifffahrt (= blaue Würfelchen). In den hafentauglichen Buchten lege ich an und errichte als allerallererstes ein Kontor. Ist die Insel später komplett bebaut, gibt es Punkte: Je mehr Kontore von einem auf der Insel stehen und je früher sie komplett besiedelt wurde, desto mehr. Auch da denkt der Burgund-Freund: Kenne ich, sehr schön, Papi ist zu Hause. Und selbst diese Déjà-vu-Momente stören nicht, denn dieses Recycling funktioniert in Amerigo wirklich gut.
Beim Umwandeln der Insel-Wildnis in Kulturland nach den DIN-Normen eines europäischen Bebauungsplans entdecken wir Rohstoffe, die erst am Spielende etwas wert sind. Um ihren Punkteertrag zu steigern, kaufen wir im Laufe der Partie mittels der gelben Klötzchen die dazu passenden Waren ein, was also auf dem Tisch geringfügig mechanischer abläuft als es die Sentenz „Verschiedene Rohstoffe werden geerntet und als Waren in die Heimat geschickt“ ahnen lässt. Waren und Rohstoffe werden am Ende multipliziert und können also eine Menge Punkte für tüchtige Kaufleute bringen. Zudem gilt es, den im Laufe der fünf Spielrunden stärker und stärker werdenden Piraten Einhalt mittels Kanonenfeuerstärke zu bieten (= schwarze Würfelchen). Pazifisten und Gesprächstherapeuten, die meinen, mit den Augenklappen- und Papageien-auf-der-Schulter-Trägern alles ausdiskutieren zu können, werden mit Punktabzug bestraft – und zwar saftig, wenn es schlecht läuft. Zudem gibt es noch eine Fortschrittsleiste, die bei optimaler geistiger Entwicklung bis zu fünf Fortschritte bringt (= braucne Würfelchen). Und es gibt die Sonderaktionen, die – je nach Position auf dieser Leiste – für den Einsatz der weißen Klötzchen auch das alternierende Ausführen einer der anderen Aktionen erlaubt, also segeln, Kanonen laden, planen, entwickeln, bauen oder shoppen (leider sind auf der Leiste schwarz, also Kanonen, und braun, sprich: entwickeln, nur schwer unterscheidbar).
Amerigo fühlt sich nicht nur so typisch für Stefan Feld an, weil es Elemente gibt, die so oder so ähnlich schon in seinen Spielen aufgetaucht sind. Amerigo spielt sich auch so feldisch, weil alle Aktionen gut sind und einen voran bringen. Man möchte gern immer auf allen Hochzeiten tanzen und verliert dabei schnell den Fokus aus den Augen. Natürlich macht es einem der Zufall nicht leicht, wenn die getürmten Klötzchen immer mal wieder ein schnelles Reagieren auf die Umstände erfordern. Was man natürlich mögen muss. Aber wie schon beim deutlich komplexeren Bora Bora sollte man sich von ungnädigen Würfeln nicht aus dem Konzept bringen lassen und seinen Ursprungsplan möglichst weiter verfolgen.
Der vierte große Feld in diesem Jahr ist wieder ein sehr spielenswerter geworden, das lässt sich mit Sicherheit sagen. Die Messe-Besucher, die bei Boardgamegeek ihre Favoriten gewählt haben, kürten ihn auf Platz eins. Wäre er schon im Frühjahr erschienen wie die anderen drei, hätte Stefan Feld es wahrscheinlich als Erster geschafft, vier Spiele unter die besten zehn des Deutschen Spielepreises zu bringen. Amerigo spielt sich dabei trotz der vielen Möglichkeiten leichter und unverkopfter als Bora Bora, einfach weil die Verzahnungen nicht so vielgestaltig sind, dass die Konsequenzen eines einzigen Zuges so exakt wie beim Alea-Titel bedacht werden müssen. Das gibt Amerigo im Vergleich eine gewisse Leichtigkeit und durchaus das Potenzial als anspruchsvolles Familienspiel, wovon Bora Bora weit entfernt ist.
Trotz des Würfelturms scheint der Glücksanteil in Amerigo nicht so hoch wie beim Kartenziehen bei Brügge, bei dem die anderen natürlich stets die viel besseren Karten auf der Hand haben (so jedenfalls klingt die immergleiche Platte, die meine Mitspieler gern mal auflegen). Und Amerigo lässt sich im Vergleich zum Hans-im-Glück-Titel besser steuern (was beim Reisen per Schiff ja auch nicht verkehrt ist). Zudem ist Amerigo im Vergleich mit Rialto nicht ganz so technisch und so puristisch auf den Mechanismus runterreduziert. Sicher, auch Amerigo ist thematisch nichts das i-Tüpfelchen, aber Feld kommt nun einmal von den Mechaniken und nicht von der Geschichte, von daher ist es in Amerigo schon gut gelungen, ein Thema auf die Maschinerie zu setzen. Im Ranking der vier Titel in diesem Jahr positioniert sich Amerigo hinter Bora Bora auf Platz zwei ein – wer dessen Zuckerbäckerstil aber als zu viel des Guten empfunden hat, könnte dem schlankeren Amerigo sogar den Vorzug geben.
RELIC RUNNERS von Matthew Dunstan (Days of Wonder 2013)
Die Luft ist drückend feucht, der Schweiß steht wie ein Schutzfilm auf der Haut, während unsere Machete unablässig durch das Geäst fährt, um den Weg freizulegen. Das Konzert der Tiere liegt wie ein Soundtrack über dem Geschehen, als wir endlich wieder eine Lichtung erreichen. Dort türmen sich die verfallenen und verwitterten Überreste eines alten Tempels. Der Dschungel hat sich den ehemals heiligen Ort längst zurückgeholt. Um uns für die Schatzsuche zu stärken, holen wir erst mal eine Bierwurststulle und eine Bifi aus dem Rucksack, um wieder zu Kräften zu kommen. Ja, auch im Dschungel gilt: Zeit für eine Vesper ist immer. Days of Wonders hat in Essen Relic Runners vorgestellt, ein Titel von Matthew Dunstan (den man übrigens nicht weiter kennen muss, weil dies sein erster großer Titel ist).
Im szenischen Einstieg der Regel verwundern uns die Franzosen aber zuerst einmal mit dieser Aussage: „Sie sind lediglich mit Ihrem zuverlässigen Tropenhelm und einer Nase für seltene Antiquitäten ausgestattet.“ Bitte? Nackicht im Dickicht? So dürfte das wohl kaum gemeint sein, zumindest die fein modulierten und noch viel großartiger von Julien Delval gezeichneten Abenteurer sehr angezogen aussehen. Aber, was bitte schön, soll denn ein zuverlässiger Tropenhelm sein? Kommt der nie zu spät? Hört der uns bei Liebeskummer stundenlang zu, wenn wir uns in Selbstmitleid ergießen? Wer schreibt solche Adjektive vor solche Substantive? Unter Arbitrarität von Sprache versteht die Sprachwissenschaft eigentlich etwas anderes – es sei denn, man übersetzt den Verlagsnamen mit Tage der Wunderlichen. Aber egal. Denn ganz eigentlich geht es in Relic Runners um etwas anderes, nämlich das hier: „So entdecken Sie Tempelruinen und Kultstätten und unternehmen Expeditionen, um möglichst schnell die meisten Schätze aufzustöbern!“
Der eigentliche Clou des Spiels ist es aber nun gar nicht, die dollsten Schätze zu heben, der Clou ist ein weises Wegemanagement. Denn die Pfade, die von unserem Basiscamp in die Wildnis, also zu den Ruinenruinen und den Tempelruinen, führen, sind alle höchstens zu erahnen und können nur dank intensivstem Macheteneinsatz überhaupt beschritten werden. Oder anders ausgedrückt: Wir können höchstens einen solchen zugewucherten Weg pro Zug durchschreiten. Danach müssen wir schon wieder ausruhen. Ist aber auch heiß und schwül und überhaupt da im Dschungel. Endet der Zug auf einer Ruine, entfernt man das oberste Plättchen an diesem Ort und darf nun ein eigenes Wegstückchen auf einen der angrenzenden Urwald-Pfade legen. Liebe Naturschützer, bitte an dieser Stelle nicht aufregen. Das steht spielgeschichtlich nicht dafür, dass wir das wertvolle Waldbiotop mit Straßen zuteeren, sondern symbolisiert lediglich, dass wir uns auf diesem Abschnitt des Urwalds – aus welchen Gründen auch immer – so gut auskennen, dass wir einen nicht so zugewucherten Weg zur nächsten Lichtung wissen, der uns das Voranschreiten enorm erleichtert. Denn pro Zug rennt unser Abenteurer über beliebig viele eigene Wegstückchen (aber bitte keines doppelt) und am Anfang oder Ende des Zuges noch über ein zugewuchertes. Dann heißt es: Ende Gelände. Von daher sollten die Märsche gut geplant sein. Schnell wird einem dabei darüber hinaus klar: Die Zahl der Ruinenplättchen und damit also die Zahl der Wegstückchen, die jeder Spieler legen kann, sind rar. Auch deswegen ist gescheites Planen der Sieggarant.
Endet der Tagesmarsch auf einem Tempel, machen wir Urwald-Erforscher uns (nach der Knoppers-Pause) ans Erkunden. Diese heilige Regel, also erst Sausen, dann schmausen, dann Schätze heben, ist so moralisch verpflichtend für jedweden Abenteurer (der später keine Scheu hat, seine Beutekunst auf dem Schwarzmarkt an den Meistbietenden zu verscherbeln), dass wir ohne Tagesration in unserem Turnbeutel gezwungen sind, erst ins Basiscamp zurückzulaufen, um dort nicht nur Zeit für eine Rasur zu haben, sondern damit wir Hanutas einpacken, Brote schmieren und Rohkost als unerlässliche wie wertvolle Wasserspender kleinschnibbeln.
Falls wir aber unseren kleinen Imbiss intus haben, wird zu Schatzsucherzwecken einfach das jeweils oberste Tempelplättchen entfernt, was entweder Siegpunkte (blaue Tempel), Siegpunkte, Teleportfähigkeiten, zusätzliche Tagesrationen oder andere hilfreiche Dinge (violette Tempel) oder dauernde Vorteile und Regelaufweicher, die Flexibilität garantieren (elfenbeinfarbene Tempel), bringt. Weitere Vorteile erhalten wir übrigens durch Werkzeuge, die der wackre Wandersmann nicht an jedem x-beliebigen Trampelpfad findet, sondern nur an Wasserläufen. Aber zurück zu den Tempeln: Sind die Plättchen alle entfernt, wird dort ein Schatz hingestellt: heilige Smaragdkröten auf Ruinen, weiße Kristalltotenköpfe auf elfenbeinfarbige Tempel, blaue Paradiesvögel auf blaue Tempel und violette grimassierende Jujus auf violette Tempel (was auch ein Hinweis auf unseren Einsatzort ist, irgendwo im westafrikanischen Dschungel nämlich, wo Jujus eine religiöse Bedeutung besitzen und wo ihnen Zauberkräfte nachgesagt werden).
Diese Schätze wiederum können wir nur unter Einhaltung besonderer Bedingungen einsammeln. Nur wer seinen Zug auf einem Feld mit heiliger Smaragdkröte startet und auf einem anderen Feld mit einer solchen edelbesteinten Amphibie beendet, bekommt diesen Schatz auch. Je Heiligtum-Sorte gibt es zum Happy Ending nämlich noch einmal fünf Siegpunkte. Der Abspann für diesen Abenteuerfilm setzt ein, wenn unsere Reisetruppe eine gewisse Menge an Heiligtümern geraubt hat, zu viert sind es beispielsweise neun. Danach sind alle noch ein Mal dran, bis auf derjenige, der den entscheidenden, spielendeauslösenden Schatz gehoben hat.
Kurz: Das Thema hat natürlich wenig mit dem Spiel zu tun. Es geht, wie erwähnt, um einen sinnvollen Aufbau eines eigenen Wegenetzes – und den klugen Einsatz von Sonderaktionen, die einem durch Tempelplättchen oder Werkzeuge an die Hand gegeben werden. Ausgestattet hat Days of Wonders sein neuestes Baby einmal mehr grandios, die Figuren sind einfach toll geworden. Dieses Material hat natürlich auch seinen Preis. Leider wird der Käufer in erster Linie optisch belohnt, nicht so sehr spielerisch. Die Aufgabe an uns Relic Runners ist sicherlich nicht unspielbar, nicht schlecht, nein auf keinen Fall, das Spiel flutscht durchaus geschmeidig. Aber Relic Runners ist meines Erachtens in der Summe lediglich so mittelspaßig, mittelschwer und mittelüberhaupt. Das ständige Hin- und Hergewetze auf den eigenen, immer gleichen Pfaden ist nicht über Gebühr spannend, zumal es viele kleine Regeldetails gibt, die zwar Zwänge erzeugen sollen, Relic Runners aber vor allem die Leichtigkeit nehmen (und auch unlogisch sind: Wieso, verdammte Machete, soll ich denn einen Pfad in meinem Zug nicht doppelt nutzen?). Und so bringt Days of Wonder wieder keine Neuheit, auf die die Spielerwelt gespannt gewartet hat. Schade. Was wäre das für eine Freude, wenn ein Mitglied der Days-of-Wonder-Familie nicht nur gestalterisch und ausstattungstechnisch, sondern eben auch spielerisch überzeugte. Ja, die Gemeinde würde jubeln, wenn dieser Tag einmal wieder kommen sollte.
Außerdem wurden gespielt: Carcassonne Südsee, Edo, Goblins Inc., Guildhall, Karnickel, Kingdoms, Marswürfel, Qwirkle, Sanssouci, Schnapp die Sau, Spyrium, Terra Mystica und Würfelwurst
Weitere Impressionen von diesem Spieleabend:
November 17th, 2013 on 23:41
Schön geschrieben, danke. Habe ich auf der Zentralen Anlaufstelle Brettspiel verlinkt!